Ein historischer Tag für Polen, Deutsche und Europa

30. Jahrestag des 4. Juni 1989

Der Wahlsieg der Solidarnosc und deutschsprachiger Gottesdienst auf dem St. Annaberg markierten die politische Wende Bei den Gesprächen am Runden Tisch erzwang die Gewerkschaftsbewegung „Solidarnosc“ tiefgehende Reformen des öffentlichen Lebens in Polen. 

Dazu gehörten teilweise freie Wahlen zum Sejm (nach 65/35%-Schlüssel) und freie Wahlen zum Senat. Am 4. Juni 1989 fanden die ersten teilweise freien Wahlen zum polnischen Parlament nach dem Zweiten Weltkrieg statt, bei denen das Bürgerkomitee „Solidarnosc“ alle der 161 in freier Wahl vergebenen Sitze im Sejm gewann. Damit wurde das Ende des kommunistischen Systems in Polen besiegelt. Am gleichen Tag feierte Erzbischof Alfons Nossol die erste deutschsprachige Messe auf dem oberschlesischen St. Annaberg.
 
Dazu erklärt der Landesvorsitzende der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung der CDU Nordrhein-Westfalen Heiko Hendriks:
 
„Der 4. Juni 1989 ist ein wichtiger Tag für Europa und für die deutsch-polnischen Beziehungen. Vor genau 30 Jahren erreichte die Freiheitsbewegung der Solidarnosc mit den ersten teilweise freien Wahlen in Polen ihren Höhepunkt. Der Sieg der Opposition über die regierenden Kommunisten markierte den politischen Wendepunkt in Europa und machte den Fall des Eisernen Vorhangs unumkehrbar. Dadurch und durch die Grenzöffnung der Ungarn für Bürger der DDR wurde der spätere Fall der Berliner Mauer und die deutsche Wiedervereinigung ermöglicht. Wir sprechen auch von der Wiedervereinigung des europäischen Kontinents. Für diesen Beitrag zur Überwindung des Kommunismus und der Teilung unseres europäischen Kontinents gelten unseren polnischen Freunden besonderer Dank und Anerkennung. Der Dank gilt aber auch den vielen Deutschen in Polen, vor allem in (Ober)Schlesien, die unter Einsatz ihrer Freiheit und der persönlichen Existenzgrundlagen die Solidarnosc-Bewegung massiv unterstützten. Über ihre Verbindungen nach Westdeutschland schickten Sie Informationen in den freien Teil Europas und organisierten so Unterstützung. Unvergessen bleibt die Aktion „Hilfspakete für Polen“ nach er Verhängung des Kriegsrechts im Jahre 1981. An dieser Hilfsaktion beteiligten sich auch die Landsmannschaften und andere Vertriebenenverbände im freien Teil Deutschlands. Diese Solidarität hat unsere beiden Völker näher rücken lassen und auch dazu beigetragen, dass sich das Verhältnis zwischen den Nachbarn nach der Wiedervereinigung so gut entwickelte.
 
Für die Deutschen in Polen, besonders für die in unserer Patenregion Oberschlesien, markierte der 4. Juni 1989 aber auch in anderer Weise einen Wendepunkt. Durch den deutschsprachigen Gottesdienst auf dem oberschlesischen St. Annaberg wurde die deutsche Minderheit, die es zu Zeiten der Volksrepublik Polen offiziell nicht geben dufte, wieder sichtbar. Trotz polnischer Vorbehalte aber mit „Segen“ des damaligen polnischen Papstes Johannes Paul II feierte der damalige Oppelner Diözesanbischof, Erzbischof Alfons Nossol, die erste Messe in der „Sprache des Herzens“ seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Dass dies möglich war, ist einerseits seinem Mut und andererseits der Tatsache zu verdanken, dass er sich seit seiner Ernennung vehement als Brückenbauer für die Verständigung und Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen engagierte. Sprache ist Identität. Und ein Stück dieser Identität hat Nossol den Menschen wiedergegeben, deren Existenz Jahrzehnte lang verleugnet wurde. Für diese Verständigungs- und Versöhnungsleistung und für den Mut, zur richtigen Stunde genau das Richtige getan zu haben, gilt Erzbischof Nossol, unser aller Dank. Bis heute versammeln sich am ersten Sonntag im Juni die Deutschen in Polen zu einer Wallfahrt am St. Annaberg. Unser Gruß gilt allen Teilnehmern der diesjährigen Minderheitenwallfahrt, die sicherlich vor dem Hintergrund dieses historischen Datums eine Besondere sein wird.“

Nach oben