Der Landesvorsitzende der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung (OMV) der CDU-NRW, Heiko Hendriks MdL, bedauert es sehr, dass die CDU-Fraktion im Landtag mit ihrem Vorstoß, die Landesregierung aufzufordern, das Konzept zur Stärkung von Erinnerungskulturen in den Schulen Nordrhein-Westfalens „Erinnern für die Zukunft“ um den Aspekt „Flucht und Vertreibung in der Folge des Zweiten Weltkrieges“ zu erweitern und den Bund der Vertriebenen und die Landsmannschaften als Kooperationspartner mit einzubeziehen, gescheitert ist. Heiko Hendriks wörtlich:
„Es wird Zeit, den Begriff Erinnerungskultur umfassender zu begreifen und zu vermitteln. Denn nicht nur die Diktatur des Dritten Reiches und der Holocaust sind historische Fakten der deutschen Geschichte, sondern ebenso auch die Flucht und Vertreibung der Deutschen nach dem 2. Weltkrieg. Dementsprechend hat die Landesregierung richtigerweise in ihrer „Neukonzeption der Erinnerungskultur und strukturellen Absicherung der Gedenkstättenarbeit in Nordrhein-Westfalen“ (Vorlage 16/1049) hervorgehoben, dass für das historische Lernen „das Bemühen um die Herausarbeitung von Kontextualitäten und Kausalitäten“ einen entscheidenden Faktor bildet. Dass dieser richtigen Definition und dem damit verbundenen Auftrag die Mehrheit des Landtags offensichtlich keine Taten folgen lassen will, ist bemerkenswert und betrüblich.
Erinnerungskultur darf sich nicht nur auf die Teilnahme an Veranstaltungen anlässlich von Gedenk- und Jahrestagen beschränken. Sie ist ein prägendes Element unseres historischen Bewusstseins, das durch geschichtliches Verstehen geformt wird.
Nicht nur vor dem Hintergrund der großen Anzahl von Asylsuchenden in unserem Land ist es notwendig, das Verständnis für die Problematik von Vertreibung und Flucht zu stärken und zu fördern. Die „Neukonzeption der Erinnerungskultur“ hebt hervor, dass die Erinnerungskultur vor neuen Herausforderungen steht. Für das politisch-historische Lernen sei entscheidend, dass eine an Demokratie, Grund- und Menschenrechten orientierte Darstellungslinie entwickelt werde, „welche den Nationalsozialismus mit Zweitem Weltkrieg und Holocaust zwar im Mittelpunkt belässt aber gleichzeitig das ‚kurze 20. Jahrhundert‘ 1914-1990 mit Erstem Weltkrieg, Genoziden, Stalinismus, SED-Diktatur, ethnischen Säuberungen etc. umfasst und eine thematische ‚Konkurrenz‘ zwischen Nationalsozialismus und den anderen historischen Phänomenen“ vermeidet.
Das vom Schulministerium eigens neu vorgelegte Konzept „Erinnern für die Zukunft“ kann ein wichtiger Baustein für die Erinnerungskultur an unseren Schulen sein. In seiner derzeitigen Form vernachlässigt es aber das Thema „Flucht und Vertreibung“. Richtigerweise hatte Ende 2014 der Bund der Vertriebenen als Leitwort für 2015 „Vertreibungen sind Unrecht – gestern wie heute“ festgelegt. Als Institutionen, die Flucht und Vertreibung als zentrales Thema behandeln, sollten der BdV und die Landmannschaften auch Ansprech- und Kooperationspartner für Schulen sein, um die Thematik authentisch Schülerinnen und Schülern nahe zu bringen. Denn gerade in diesen Organisationen finden sich noch Zeitzeugen, die ihre Erlebnisse und Erfahrungen unmittelbar weitergeben können.
Darüber hinaus können Kooperationen zwischen den nordrhein-westfälischen NS-Gedenkstätten und Einrichtungen im Sinne von § 96 Bundesvertriebenengesetz Flucht und Vertreibung als wichtigen Aspekt von Erinnerungskultur hervorheben und stützen. So könnte z.B. durch eine solche Zusammenarbeit ein Konzept für eine wissenschaftlich begleitete Ausstellung entwickelt werden, die die Geschichte, Entwicklung und Bedeutung der Landesstelle Unna-Massen im besten Fall auch an diesem Ort dokumentiert. Denn die Landesstelle bot für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler nicht nur eine erste sichere Anlaufstelle in Nordrhein-Westfalen, sondern hat für Nordrhein-Westfalen einen vergleichbaren Stellenwert wie Friedland für ganz Deutschland.“